Die Studie, die die Fachjury überzeugte, wurde im Oktober 2021 unter dem Titel „The serine proteases dipeptidyl-peptidase 4 and urokinase are key molecules in human and mouse scar formation“ in Nature Communications (https://doi.org/10.1038/s41467-021-26495-2) publiziert. Vera Vorstandlechner und ihre Forschungskolleg:innen untersuchten dafür das genetische Muster von hypotrophen Narben und mögliche Ansatzpunkte für neue Behandlungsmethoden. Diese entwickeln verdickte, oft schmerzhafte und juckende Narbenstränge und stellen nach Unfällen, Operationen und besonders nach Verbrennungsverletzungen eine schwere Belastung für Patient:innen dar. Um deren genetische Landkarte und die Narbenreife in einem Mausmodell zu analysieren, verwendete das Forschungsteam die Methode der Einzelzellsequenzierung. In der menschlichen Haut wurde damit ein Subtyp von Fibroblasten identifiziert, der signifikant mit hypertropher Narbenbildung assoziiert ist. Der Vergleich dieses narbenspezifischen Fibroblastentyps mit Fibroblasten während der Narbenreifung in Mäusen identifizierte eine Gruppe von Serinproteasen, die in beiden experimentellen Ansätzen gleichermaßen erhöht waren.
In weiterer Folge wurde eine mögliche anti-fibrotische Wirkung von zwei Inhibitoren von Serinproteasen (Sitagliptin und BC-11) auf ihren therapeutischen Nutzen hin untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass die Zugabe beider Inhibitoren zu Fibroblastenkulturen die Freisetzung von Komponenten der extrazellulären Matrix (Kollagene und Fibronektin) und die Kontraktilität der Fibroblasten verringern konnte. In einem Maus-Wundmodell zeigte die topische Anwendung der Inhibitoren eine verbesserte Narbenqualität, eine verringerte Parallelität von Kollagenfasern, eine verringerte Akkumulation von extrazellulären Matrixproteinen bei vergleichbar guter Wundheilung. Die Studie liefert damit völlig neue Einblicke in die Genaktivität im Narbengewebe und zeigt neue Wirkstoffe zur Behandlung hypertropher Narben auf.
Zur Person
Vera Vorstandlechner studierte 2011 bis 2017 Medizin in Wien und absolviert ihr PhD-Studium bei Hendrik Jan Ankersmit (Universitätsklinik für Thoraxchirurgie der MedUni Wien). Seit 2020 ist sie Assistenzärztin an der Universitätsklinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie. Gemeinsam mit Michael Mildner von der Universitätsklinik für Dermatologie und mit dem Ankersmit-Labor der Universitätsklinik für Thoraxchirurgie forscht sie an der Entstehung und Therapie von Narben. Sie wurde bereits mit Vortragspreisen und Stipendien ausgezeichnet, sowie zum „Researcher of the Month Februar 2022“ ernannt.